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Am 28. Juni 2025 tritt ein Gesetz in Kraft, das die digitale Landschaft Deutschlands grundlegend verändern wird. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet Unternehmen dazu, ihre digitalen Dienste barrierefrei zu gestalten und damit allen Menschen – unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen – den gleichberechtigten Zugang zu Online-Services zu ermöglichen. Was zunächst wie eine zusätzliche regulatorische Hürde erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als bedeutende Geschäftschance und wichtiger Schritt hin zu einer inklusiveren digitalen Gesellschaft.
April 2019 | European Accessibility Act tritt in Kraft |
Juli 2021 | Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wird beschlossen |
28. Juli 2025 | Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt in Kraft |
Warum Barrierefreiheit mehr als nur ein Gesetz ist
Der europäische Kontext: Vom EAA zum BFSG
Das BFSG ist die deutsche Umsetzung des European Accessibility Act (EAA), einer EU-weiten Initiative zur Förderung digitaler Barrierefreiheit. Diese europaweite Harmonisierung zeigt deutlich: Barrierefreiheit ist kein deutsches Sonderthema, sondern ein fundamentaler Wandel, der alle 27 EU-Mitgliedstaaten betrifft. Unternehmen, die jetzt handeln, positionieren sich nicht nur für den deutschen Markt optimal, sondern bereiten sich gleichzeitig auf die europäische Expansion vor.
Digitale Teilhabe als Menschenrecht
Barrierefreiheit im Web ist weit mehr als ein technisches Thema – sie ist ein Menschenrecht. Menschen mit Sehbehinderungen, die auf Screenreader angewiesen sind, motorisch eingeschränkte Personen, die nur die Tastatur verwenden können, oder Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, die einfache Sprache benötigen – sie alle haben das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der digitalen Welt. Eine barrierefreie Website kann entscheidend dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderungen selbstständig online einkaufen, Bankgeschäfte erledigen oder Reisen buchen können.
Das enorme Marktpotenzial
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Etwa 10% der deutschen Bevölkerung leben mit einer Form von Behinderung. Das entspricht über 8 Millionen potenzieller Kunden, die von barrierefreien digitalen Diensten profitieren würden.

Diese Zielgruppe verfügt über eine beträchtliche Kaufkraft und ist bereit, Unternehmen zu unterstützen, die ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Hinzu kommt: Barrierefreie Gestaltung hilft nicht nur Menschen mit dauerhaften Behinderungen, sondern auch älteren Menschen, Personen mit temporären Einschränkungen oder allen Nutzern in schwierigen Situationen – beispielsweise bei starkem Sonnenlicht auf dem Smartphone oder in lauten Umgebungen.
SEO-Vorteile als positiver Nebeneffekt
Viele Maßnahmen zur Barrierefreiheit wirken sich gleichzeitig positiv auf die Suchmaschinenoptimierung aus. Alt-Texte für Bilder helfen nicht nur Screenreader-Nutzern, sondern auch Google dabei, Bildinhalt zu verstehen. Eine saubere HTML-Struktur mit semantischen Elementen und logischen Überschriften-Hierarchien verbessert sowohl die Zugänglichkeit als auch die Crawlbarkeit für Suchmaschinen.
Prüfen Sie Ihre Betroffenheit
Bevor Sie sich in die Details der Umsetzung vertiefen, sollten Sie klären, ob Ihr Unternehmen überhaupt vom BFSG betroffen ist. Nutzen Sie unser interaktives Quiz für eine schnelle Einschätzung:
BFSG-Compliance-Check
Prüfen Sie in wenigen Minuten, ob Ihr Unternehmen vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen ist
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Die wichtigsten Kriterien im Überblick: Das BFSG betrifft Unternehmen, die digitale Dienste für Endverbraucher (B2C) anbieten und mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen oder einen Jahresumsatz von über 2 Millionen Euro erzielen. Kleinstunternehmen sind grundsätzlich ausgenommen, sollten aber dennoch freiwillig auf Barrierefreiheit setzen.
Die harten Fakten: Wer, Wann, Was?
Wer ist betroffen?
Das BFSG richtet sich an alle Unternehmen, die „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ anbieten. Dazu gehören:
- Online-Shops und E-Commerce-Plattformen: Produktseiten, Bestellprozesse, Bezahlvorgänge und Kundenbereiche müssen barrierefrei gestaltet werden
- Banking und Finanzdienstleistungen: Online-Banking, Kreditanträge und Versicherungsportale fallen unter die Regelung
- Telekommunikationsanbieter: Tarifvergleiche, Vertragsabschlüsse und Kundenportale müssen zugänglich sein
- Verkehrsdienstleistungen: Buchungsplattformen für Tickets, Hotels und Reisen sind betroffen
- Streaming und E-Books: Plattformen für digitale Medien müssen barrierefreie Bedienoberflächen bereitstellen
Wichtig: Reine B2B-Angebote sind nicht betroffen, solange sie eindeutig als solche gekennzeichnet sind und tatsächlich nur an Geschäftskunden verkaufen. Auch reine Informationswebsites ohne Verkaufs- oder Buchungsfunktionen fallen nicht unter das BFSG.
Ab wann gilt das BFSG?
Der Stichtag ist eindeutig: 28. Juni 2025. Ab diesem Datum müssen alle neuen digitalen Dienste und Produkte die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Für bestehende Dienste gibt es teilweise Übergangsfristen, aber Unternehmen sollten nicht bis zur letzten Minute warten.
Was muss konkret umgesetzt werden?
Das BFSG verweist auf die internationalen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 in der Konformitätsstufe AA. Diese Richtlinien basieren auf vier Grundprinzipien:
1. Wahrnehmbarkeit (Perceivable):
- Alt-Texte für alle informativen Bilder
- Ausreichende Farbkontraste (mindestens 4,5:1 für normalen Text)
- Untertitel für Videos mit gesprochenem Inhalt
- Informationen dürfen nicht nur über Farbe vermittelt werden
2. Bedienbarkeit (Operable):
- Vollständige Tastaturbedienbarkeit ohne Maus
- Sichtbare Fokus-Indikatoren bei der Tab-Navigation
- Keine blitzenden Inhalte, die Anfälle auslösen könnten
- Ausreichend Zeit für die Bedienung, pausierbare Animationen
3. Verständlichkeit (Understandable):
- Einfache, verständliche Sprache
- Konsistente Navigation und Bezeichnungen
- Hilfestellungen bei Formularen und Fehlermeldungen
- Logische Überschriften-Struktur (H1-H6)
4. Robustheit (Robust):
- Valider, semantischer HTML-Code
- Kompatibilität mit assistiven Technologien wie Screenreadern
- Korrekte Verwendung von ARIA-Attributen
Praktische Umsetzung: CMS-spezifische Tipps
TYPO3: Der Accessibility-Champion
TYPO3 gilt als eines der barrierefreiesten Content Management Systeme und bietet bereits im Core hervorragende Voraussetzungen für WCAG-konforme Websites. Die wichtigsten Stärken:
- Backend-Barrierefreiheit: Das TYPO3-Backend ist größtenteils screenreaderfreundlich und nutzt semantische HTML-Strukturen
- Core-Features: Alt-Text-Felder für Bilder sind Standard, semantisches HTML wird automatisch generiert
- Template-Flexibilität: Mit TypoScript lassen sich barrierefreie Templates effizient entwickeln
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WordPress: Accessibility-Ready Themes nutzen
WordPress bietet mit „Accessibility-Ready“ Themes eine gute Grundlage. Wichtige Punkte:
- Barrierefreie Theme-Auswahl aus dem offiziellen Repository
- Block-Editor (Gutenberg) unterstützt Alt-Texte und Überschriftentruktur
- Plugins wie „WP Accessibility“ können zusätzliche Features nachrüsten
Weitere CMS und statische Websites
Unabhängig vom verwendeten System sind folgende Grundlagen entscheidend:
- Sauberer, semantischer HTML-Code
- CSS ohne rein visuelle Layout-Hacks
- JavaScript mit Keyboard-Support und ARIA-Labels
- Performance-Optimierung für bessere Ladezeiten
Was passiert bei Nichteinhaltung?
Die Konsequenzen für BFSG-Verstöße sind nicht von der Hand zu weisen:
Rechtliche Risiken:
- Bußgelder zwischen 10.000 und 100.000 Euro durch Marktüberwachungsbehörden
- Abmahnungen durch Verbraucherschutz- oder Behindertenverbände
- Klagen auf Unterlassung oder Schadensersatz durch betroffene Nutzer
Geschäftliche Nachteile:
- Imageschaden durch fehlende Inklusion
- Verlust einer kaufkräftigen Zielgruppe
- Schlechtere SEO-Performance
- Competitive Disadvantage gegenüber barrierefreien Konkurrenten
Fazit: BFSG als Investition in die Zukunft
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist weit mehr als eine regulatorische Pflicht – es ist eine Investition in eine bessere, fairere und erfolgreichere digitale Präsenz. Unternehmen, die jetzt handeln, verschaffen sich nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern erschließen neue Zielgruppen, verbessern ihre SEO-Performance und demonstrieren gesellschaftliche Verantwortung.
Barrierefreiheit ist dabei kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Mit der richtigen Vorbereitung, den passenden Tools und professioneller Unterstützung lässt sich der Übergang jedoch erfolgreich bewältigen.
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